Mit den medizinischen Fortschritten im 19. Jahrhundert setzte sich wieder eine andere, bis heute vorherrschende Ansicht des Suizids durch. Heute gilt der Suizid allgemein als Krankheit. Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen, müssen krank sein (psychische Krankheiten, wobei Depression die übliche Diagnose darstellt). Die geeignete Antwort darauf ist daher eine medizinische Behandlung (mittels Psychotherapie und/oder Antidepressiva).
Bei Exit stellen wir die Ansicht, wonach Freitod automatisch mit Depression und Geisteskrankheit in Zusammenhang steht, in Frage. Wollen wir ernsthaft behaupten, dass Selbstmordattentäter im Mittleren Osten deprimiert sind? Vielmehr müssen wir den Akt des Suizids kontextabhängig betrachten.
Ein älterer Mensch, der seine Freunde rund um sich wöchentlich sterben sieht und sich ständig fragt: “Bin ich der nächste?”, wird, zum Beispiel, eine völlig andere Ansicht zum Sterben haben als ein Jugendlicher, der sein ganzes Leben noch vor sich hat. Desgleichen wenn eine schwere Erkrankung vorliegt. Die Einstellung einer Person dem Tode gegenüber muss im Kontext seiner Situation betrachtet werden.
In Oregon, wo ärztliche Sterbehilfe (physician-assisted suicide, PAS) legal ist, wurden bei 20 Prozent der Patienten, die den Antrag auf PAS stellten, Symptome von Depression diagnostiziert (Battle, 2003). Eine australische Studie des australischen Amtes für Statistik (Australian Bureau of Statistics; ABS) aus dem Jahr 1998, die die Verbreitung psychischer Störungen bei Suizidfällen untersuchte, kam zu dem Ergebnis, dass 15 Prozent der betroffenen Männer und 18 Prozent der Frauen mit dem Suizid “in Verbindung zu setzende oder kausal zusammenhängende Diagnose psychischer Störungen” aufwiesen (ABS, 2000). Exit ist der Meinung, dass Gefühle von Traurigkeit und Schwermut (im Gegensatz zu klinischer