Wie der Name impliziert, ist IGF-1 ein in der Struktur dem Insulin verwandtes Protein. Seine Anwesenheit im Körper wurde 1957 entdeckt. Damals fanden Wissenschaftler heraus, dass die anabolen Eigenschaften von Wachstums- hormon (GH) offenbar über eine andere Chemikalie vermittelt werden – Somatomedin C oder, wie es heute genannt wird, insulinähnli- cher Wachstumsfaktor-1 (IGF-1). Ursprünglich ging man davon aus, dass IGF-1
von den Leberzellen produziert und abgegeben wird. Im Blut wird es dann von einem seiner Bindeproteine zu verschiedenen Körpergewe- ben, unter anderem Muskelzellen, transpor- tiert, wo es ein Wachstum anregt. Aus der Vielzahl an Bindeproteinen für IGF-1 (IGFBPs) sind IGFBP-1 und IGFBP-3 die beiden wichtig- sten. Der größte Teil des von der Leber abgegebenen IGF-1 wird an IGFBP-3 gebunden. Dieses Bindeprotein scheint die anabolen Aktionen von IGF-1 zu ermöglichen, während IGFBP-1 sie zu unterbinden scheint. Später erkannte man, dass IGF-1 auch von
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den Muskelzellen selbst produziert wird. Muskeln produzieren drei unterschiedliche Arten von IGF-1: 1) IGF-1Ea, IGF-1Eb und IGF-1Ec. IGF-1Ea ähnelt dem in der Leber produzierten IGF-1, während IGF-1Ec besser bekannt ist als Mechano-Wachstumsfaktor (MGF), denn es wird in den Muskeln als Reaktion auf mechanischen Stress, zum Beispiel in Form von Gewichtstraining, gebildet. Die genauen Mechanismen, wie diese Wachstumsfaktoren im Muskel produziert werden, sind nicht vollständig geklärt; die Mengen an zirkulieren- dem GH und Testosteron könnten beide eine Schlüsselrolle für ihre Ausbildung im Muskel spielen. Die maßgebliche Methode, wie zirkulieren-
des IGF-1 das Muskelwachstum anzuschieben scheint, ist, indem es an die Rezeptoren in den Membranen der Muskelzellen andockt und dort eine Kaskade von Prozessen auslöst, die zu einer Erhöhung der Muskelproteinsynthese führen – also zu einem Aufbau des Proteins, aus dem Muskeln bestehen, die in einem Wachstum
resultiert. Wenn IGF-1 an seinen Rezeptor andockt, wird gleichzeitig die Aufspaltung von Muskelprotein verringert. Muskelprotein wird in einem kontinuierlichen Zyklus zerstört und wieder aufgebaut. Eine Verringerung der Muskelproteinaufspaltung zusammen mit einem gesteigerten Aufbau (Synthese) ist gleichbedeutend mit Wachstum. Von zirkulierendem IFG-1 wurde außerdem nachgewiesen, dass es positiv auf die Gehirnfunktion wirkt, was die Verbindung sein könnte zwischen Training und verbesserter Gehirnleistung.
WEITERE WACHSTUMS- FAKTOREN
MGF wird lokal in den Muskelzellen gebildet und stimuliert das Muskelwachstum offenbar über einen vollkommen anderen Prozess als zirkulierendes IGF-1, nämlich indem es Satellitenzellen, also inaktive Muskelzellen, stimuliert oder Muskelstammzellen, die außerhalb der Muskelfasern sitzen. Wird die Muskelfaser geschädigt, wie während eines