OLYMPIA WEEKEND 2012 USA DOMINIERT, EUROPA KÄMPFT TAPFER
Unter den Besten der Besten ist die Kluft zwischen Amerika und Europa wieder größer geworden. Die Dominanz der
USA beim Olympia Weekend 2012 in Las Vegas war erdrückend. Der stärkste Widerstand kam in den letzten 10 Jahren regelmäßig aus Deutschland, doch 2012 hatten Dennis Wolf, Ronny Rockel und Regiane DaSilva-Botthof die Glücksgöttin nicht auf ihrer Seite. Am schlimmsten traf es meiner Meinung nach Dennis Wolf, der trotz sehr guter Form im ersten Vergleich nicht aufgerufen wurde und dann ziemlich harte Minuten durchleben musste. Der an diesem Tag eindeutig schwächere Branch Warren kam in den ersten Vergleich. Für Dennis musste das wie eine Ohrfeige gewirkt haben und entsprechend verlief für ihn dann das weitere Prejudging. Dass er es dennoch mit großem Einsatz und souverän zu Ende brachte zeigt, dass er ein echter Champion ist. Sein Kampfeswille und sein Selbstvertrauen waren dadurch am ersten Wettkampftag sicher angeknackst. In dieser Ausgabe finden Sie mein Olympia-Pictorial. Die Bilder sprechen für sich. Beim Finale am nächsten Tag präsentierte sich Dennis in Topform, zeigte eine Kür von klassischer Ästhetik und kämpfte im Verlaufe des Wettkampfes um jeden kleinen Vorteil. Der „Lohn“ für ihn war dann zwar das Finale (nach dem Prejudging war er draußen), aber mit Platz 6 lag er dennoch hinter Branch. Für mich ein glattes Fehlurteil. Bei Ronny sah es etwas anders aus. In der Pressekonferenz verkündete er überzeugend, dass er sicher ins Finale kommen wird. Leider konnte Ronny diesem Anspruch 2012 nicht gerecht werden. Gut in Form zu sein, genügt auf diesem Niveau nicht, das weiß er selbst nur zu genau. Offensichtlich hat er sich völlig falsch eingeschätzt, trotz deutlichem Gewichtsverlust seit Finnland und damit verbesser- ter Definition. Immerhin hat der seinen Erzrivalen Hidetada Yamagishi erneut schlagen können. Hidetada hatte bei der Pressekonferenz gesagt, dass er diesmal bereit ist, Ronny erstmals zu schlagen. „Hide“ kam, auch gut in Form, gerade noch unter die Top-15. Ronny musste sich diesmal mit dem 13. Platz begnügen und damit einen weiteren Rückschritt
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nach 2011 hinnehmen. Die Top-10 waren für Ronny an diesem Tag jedenfalls nahezu unerreichbar. Regiane DaSilva erlebte 2012 ihre 7. Olympia-Teilnahme. Inzwischen 40 Jahre alt und sehr gut in Form, wirbelte sie auf der Bühne in gewohnter Manier. Ich halte ihren 9. Platz für einen sehr großen Erfolg, auch wenn sie selbst gerne nochmals das Finale erreicht hätte. Alle drei deutschen Olympians konnten sich platzieren, Dennis Top-6, Regiane Top-10, Ronny Top-15. Die Erwartungen waren sehr hoch, aber diese „Teamleistung“ ist dennoch sehr beachtlich – es sind die Besten der Besten auf der Bühne und Deutsch- land stellte erneut das beste Team neben den überwältigend dominierenden Amerikanern. Die Ehre Europas rettete diesmal der „Welsh
Dragon“ James „Flex“ Lewis, der sich nach einem faszinierenden Duell mit David Henry den ersten Titel in der neu auf 212 englische Pfund erhöhten Kategorie sichern konnte. Nach Dorian Yates ist Flex Lewis nun der zweite Brite, der einen Mr. Olympia Titel gewann. Gratulation nach Großbritannien. Großartig schlug sich auch Rookie Lionel Beyeke
aus Frankreich mit Platz 10 bei den „Großen Jungs“. Dass es möglicherweise zu einem Duell zwischen Phil Heath und Kai Greene kommen könnte, war zu erwarten, dass aber Shawn Rhoden als Mr. Olympia
Debütant gleich den 3. Platz belegt, war die ganz große Überraschung 2012. Shawn war auf jeden Fall hoch verdient im Finale und aufgrund seiner ganz außergewöhnlichen Symmetrie ist sein 3. Platz durchaus zu rechtfertigen. Als sensationell empfanden wohl alle den besten Dexter Jackson seit Jahren. Mit fast 43 Jahren machte er im Vergleich zu 2011 einen Riesensprung und bewies damit, dass im Bodybuilding fast alles möglich ist. Ähnliches trifft auch auf Toney Freeman zu, der das Finale allerdings knappe verfehlte. Das alles tritt jedoch völlig in den Hintergrund, wenn
man an das Duell zwischen Phil Heath und Kai Greene denkt. Es war ein Showdown wie man es in der langen Mr. Olympia Geschichte nur selten gesehen hat. Ich muss klare Kante zeigen und bekennen, dass ich Kai Greene als neuen Mr. Olympia gesehen habe. Phil und Kai haben eine fast unvorstellbare Masse, vor allem in Bezug auf ihre Körpergröße. Kai hat für mich jedoch die für diese Masse zwingend nötige Knochenstruktur und damit wirkt er insgesamt kompletter als Phil. In allen Vergleichen wirkte Kai souverän und voller Selbstver- trauen. Die Kampfrichter haben sich für Phil entschieden. Er ist ein großartiger, ein würdiger alter und neuer Mr. Olympia und dazu noch ein hervorragen- der Botschafter des Bodybuildings. FLEX
Ronny Rockel, Dennis Wolf und Regiane DaSilva-Botthof beim Olympia Meet & Greet 2012 in Las Vegas