Eine uralte Frage im Bodybuilding beschäftigt sich damit, ob jeder Satz bis zum Versagen geführt werden
sollte oder nicht. Mit Versagen meine ich vorübergehendes Muskelversagen, den Punkt, wenn das Gewicht die konzentrische Bewegung stoppt. Einfach ausgedrückt ist der Versagens- punkt dann erreicht, wenn das Gewicht kein weiteres Mal mehr gehoben werden kann. In den meisten Studios, die Bodybuildern
erlauben, ihr Ding zu drehen, sieht man, dass 9 von 10 Trainierenden sich wahnsinnig anstren- gen, während sie jeden Satz bis zum Versagen führen. Manche halten das für den einzigen Weg, Muskeln aufzubauen. Die verbreitete Ansicht ist die, dass die meisten Wiederholungen vor dem Muskelversagen mehr oder weniger wertlos sind, nur die letzten zwei oder drei Wh ein Wachstum bewirken. Letztlich hängt alles von der Faserrekrutierung ab, so die Behauptung.
Wenn man nicht bis zum Versagen trainiert, werden manche Fasern nie zur Hilfe gerufen und daher nicht zu einem Wachstum stimuliert. Alle Aspekte dieser Auffassung zu besprechen, die fragwürdig sind, würde unsere Zeit und diese Kolumne sprengen, aber zumindest haben Sie einen Eindruck gewonnen. Andere Trainierende machen dasselbe, aber ihr Beweggrund ist ein anderer. Für sie ist jedes Workout eine Art Mutprobe, ein Test, was sie körperlich draufhaben. Auf schnelle Fortschritte erpicht, testen sie bei jedem Satz jeder Übung ihre Grenzen, von dem drigenden Wunsch getrieben, mehr Kraft als im letzten Training an den Tag zu legen. Normalerweise sind diese Kandidaten jüngere Kerle, die erst noch begreifen müssen, dass im Bodybuilding keine Wunder geschehen. Ich bin immer offen für neue wissenschaftliche Erkenntnisse und die Relevanz, die sie für wachstumsfördernde
Trainingsstrategien haben könnten, und insbesondere eine neue Studie scheint viel zu unserer Diskussion beizutragen. In Dänemark wurde vor kurzem eine Studie
zu den Rekrutierungsmustern der Deltamuskeln während Seitheben veröffentlicht. Bevor ich fortfahre, schicke ich voraus, dass diese Studie ein paar Mängel hat, meiner Meinung nach aber trotzdem einige interessante Einsichten bietet. Die Studie verglich schwere Widerstände (3 Wh) mit Versagenstraining und ermittelte mittels Elektromyographie (EMG) die Faserrekrutierung. Ich sollte erwähnen, dass die Studienteilnehmer untrainierte Frauen waren und als Widerstand Gummibänder verwendet wurden. Bevor Sie abwinken, lassen Sie mich ausreden. Die dänischen Wissenschaftler stellten fest, dass die EMG-Aktivität nach der Hälfte der Wh mit dem leichteren Widerstand höher war als bei der dritten Wh des schweren Satzes. Aber das war nicht ihre wichtigste Beobachtung. Ferner stellten sie fest, dass die EMG-Aktivität ihr
Quelle: Sundstrup E, et al, “Muscle Activation Strategies During Strength Training with Heavy Loading vs. Repetitions to Failure,” J Strength Cond Res. 26(7):1897-903; July 2012