Auf die Frage nach den besonderen Herausforderungen, denen sich SDS beim Bau der Letitia stellen musste, nennt Heuvelman zwei Aspekte. Zum einen ist da der technische Teil des Energiesystems an Bord, der in der Binnenschifffahrt bisher kaum angewendet wurde. Das Projekt hat jedoch gezeigt, dass vieles möglich ist.
Gesetze und Vorschriften sind der andere Aspekt, dem das Unternehmen viel Aufmerksamkeit widmen musste. “Die Vorschriften sind nicht mit den Innovationen, die wir verwenden, synchronisiert. Alles im öffentlichen Dienst muss nach alten, bestehenden Vorlagen geregelt werden. Das passt natürlich weder zu den Technologien noch zu den Wirtschaftsmodellen, die für die Umsetzung der Energiewende erforderlich sind.“ Heuvelman gibt niemandem persönlich die Schuld, aber die Tatsache, dass so viele Parteien beteiligt sind - die EU, Nationalstaaten, Organisationen - macht die Genehmigungsverfahren kompliziert. Er erwartet und hofft jedoch, dass die RH₂INE-Organisation in ihrer neuen Form hier eine größere Rolle spielen wird.
Heuvelman möchte sich nicht dazu äußern, ob bei SDS weitere Wasserstoff-Brennstoffzellenschiffe gebaut werden. “Wir werden nun erst mit der Letitia fahren. Denn so schön das Lob für Pioniergeist und Vorreiterrolle auch ist, irgendwann muss die Rechnung bezahlt werden.“ Ob die Rechnung aufgeht, hängt davon ab, was man als Gesellschaft will, meint der HTS-Direktor. Die Regierung muss hier eine Führungsrolle spielen. Heuvelman macht den Vergleich mit dem elektrischen Fahren. Dieser Übergang läuft seit etwa 20 Jahren. Dank allerlei staatlicher Anreize konnte das elektrische Fahren sich etablieren. Für die nachhaltige Binnenschifffahrt sollten Regierungen die gleiche Rolle spielen. “Jeder in der Wertschöpfungskette muss einen Beitrag leisten, die Regierung, die Verlader, die Verbraucher“, sagt Heuvelman. Mit der Letitia ist zumindest ein wichtiger Schritt für einen grünen Rheinkorridor getan worden. Da sind sich alle einig, auch HTS: “Das ist der Anfang eines noch langen Weges.“
Robert Graf-Potthoff, technischer Inspektor bei Rhenus Ship Management, Teil von Rhenus PartnerShip
“Wir sind zwar technisch gesehen kein offizieller Partner des RH2INE-Projekts“, sagt Robert Graf- Potthoff, technischer Inspektor bei der Reederei Rhenus PartnerShip und dort verantwortlich für die Entwicklung von emissionsarmen und emissionsfreien Schiffen, “aber wir waren schon sehr früh in dem Netzwerk engagiert.”
Für Rhenus gab es dafür zwei Anlässe. Anfangs konzentrierte sich das Projekt RH₂INE sehr stark auf die Wasserstoffinfrastruktur von Häfen und Hafenbetreibern. Die Bedürfnisse der ‘Kunden‘, der Reeder, drohten dadurch vernachlässigt zu werden. Mehrere Reedereien, wie Rhenus und die HTS Group, bildeten eine Arbeitsgruppe innerhalb von RH₂INE, um ihre Sichtweise in die Diskussion einzubringen. Die ursprüngliche Idee, in den Häfen Tankstellen zu errichten, die per Schlauch mit den Wasserstoffschiffen verbunden werden sollten, wurde von RH₂INE schnell verworfen. Die Entwicklung eines neuen Typs, schnell austauschbarer Tankcontainer, begann auf Wunsch der Schiffsbetreiber daher relativ früh.
Dank einer Förderung des deutschen Wirtschaftsministeriums ging aus dieser Arbeitsgruppe das sogenannte Drive Train H₂-Projekt
8 • RH2INE
hervor. Ziel war es, mit deutscher Technologie ein emissionsfreies, elektrisches Wasserstoff-Brennstoffzellenschiff zu entwickeln. Zu dieser Projektgruppe gehörten neben Rhenus und HTS auch der Wasserstoff-Anlagenbauer Argo-Anleg, das Klassifikationsbüro Lloyds Register und das Wasserstoff-Forschungsinstitut ZBT an der Universität Duisburg-Essen. “In den vergangenen vier bis fünf Jahren haben wir uns dafür eingesetzt, die verschiedenen Initiativen auf den RH₂INE-Konferenzen zu synchronisieren“, sagt Graf-Potthoff. Er betont, dass die Kerngedanken unter den Beteiligten weitgehend übereinstimmen. Das macht den Informationsaustausch in diesem Netzwerk dann auch sehr nützlich.
Rhenus PartnerShip baut zurzeit drei sehr emissionsarme, mit Elektromotoren ausgestattenen Schiffe. Zwei der Schiffe, der Koppelverband Mannheim I+II und das Motorschiff Ludwigshafen, erhalten die Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie, flankiert von großen Batteriespeichern und Stage V Dieselgeneratoren, die als Back-up-Energielieferant funktionieren. Das dritte Schiff, der Koppelverband Wörth I+II, wird ‘hydrogen ready‘ konzipiert. Das heißt, es bekommt wie sein Schwesterschiff Mannheim I+II Elektromotoren, Batterien und die neuesten Stage V (bzw. marinisierten Euro 6) Generatoren.
Robert Graf-Potthoff
Als großes Logistikunternehmen wollten wir uns auch in diesem Bereich engagieren, damit sich das neue Antriebssystem
bewähren kann und auch kleine und mittlere Unternehmen einsteigen können
Für das Wasserstoff-Brennstoffzellensystem ist Platz auf dem Schiff reserviert, es wird aber noch nicht eingebaut. Ein ganz wesentlicher Baustein dieser drei modernen Schiffe ist das Power-Management- System, das den Einsatz von Energiequellen, Batteriespeichern und Energieverbrauch je nach Fahrprofil intelligent koordiniert. “Was mich am meisten bei den Testfahrten beeindruckt hat“, sagt Graf- Potthoff, “ist, dass man im Steuerhaus nichts hört. So leise ist das Schiff.“
Der Koppelverband Mannheim I+II nimmt noch dieses Jahr (2024) den Betrieb auf, auch wenn noch nicht alle Anlagen vollständig installiert sind. Die beiden Schwesterschiffe werden nächstes Jahr folgen. Sie werden auf der Strecke zwischen Rotterdam und der Rhein-Neckar- Region eingesetzt. Die Probefahrten zeigen bereits, dass die Schiffe sehr emissionsarm sind, obwohl das volle Potenzial noch nicht ausgeschöpft ist. Die Software des Power-Managements-Systems kann die Effizienz durch praxisnahe Anpassungen weiter steigern. Die mit Wasserstoff-Brennstoffzellen im System ausgestatteten Schiffe werden auf bestimmten Strecken und für bestimmte Zeiträume völlig emissionsfrei fahren können. Das lässt sich jetzt schon sagen.
Das Projekt Mannheim I+II wurde von Rhenus initiiert, um das Henne- Ei-Problem, das die neue Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie
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