930 | WEEK 6-7 5 FEBRUARI 2020
GESETZESENTWURF SCHWEIGT ÜBER FOLGEN FÜR BINNENSCHIFFFAHRT
Pläne zum Ausstieg aus der Kohleverstromung belasten Schifffahrt und Häfen sehr
DÜSSELDORF Die Bundesregierung hat den Ausstieg aus der Verstromung von Kohle beschlossen. Diese Entscheidung wird nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Kraſtwerkindustrie und deren Arbeitskräſten haben, sondern auch die Binnenschifffahrt und Binnenhäfen hart treffen. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) übt scharfe Kritik, weil die Regierung das maritime Gewerbe in dem Entwurf zum sozialverträglichen ‘Ausstieg aus den Kohlen’ nicht berücksichtigt.
JUDITH STALPERS
Das Bundeswirtschaſtsministerium hat Ende Januar das ‘Kohleausstiegsgesetz’ vorgestellt. Für Steinkohle soll die Reduzierung bereits im Jahr 2022 einsetzen, im Jahr 2030 soll die Verstromung auf acht Gigawatt reduziert werden und spätestens 2038 sollen sämtliche Steinkohlekraſtwerke stillgelegt sein, ggf. auch durch Zwangsabschaltung. Das Ziel der Bundesregierung, die Energieerzeugung durch den Einsatz von Kohle auf Null zu reduzieren, hat auch erhebliche Konsequenzen für den Transportsektor: Kohle stellt nämlich neben den Erzen, Steinen und Erden sowie den Mineralölerzeugnissen eine der wichtigsten Gütergruppen für die Binnenschifffahrt dar. Auf deutschen Flüssen und Kanälen werden pro Jahr in der Summe rund 35 Mio. Tonnen Kohle transportiert. Diese Menge soll bis 2038 auf Null reduziert sein. Die Binnenschifffahrt und die Kohleterminals in den Binnenhäfen werden ein großes Geschäſtsfeld komplett verlieren.
Finanzielle Kompensation verlangt Hierauf hatte der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines ‘Kohleausstiegsgesetzes’ vom 26. November 2019 hingewiesen. BDB-Präsident Martin
Staats (MSG, Würzburg) erklärt nun bezüglich des am 20. Januar 2020 veröffentlichten überarbeitenden Gesetzentwurfs: “Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kohle sozialverträglich gestalten will. Hierbei besteht offensichtlich auch die Bereitschaſt, mit erheblichen finanziellen Mitteln Kompensationsleistungen zu erbringen, um entstehende Härten abzufedern. Dem Bundeswirtschaſtsministerium ist aber scheinbar entgangen, in welchem Ausmaß das Binnenschifffahrtsgewerbe und die Binnenhäfen vom Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffen sein werden. Hierzu schweigt sich der Gesetzentwurf komplett aus. Hier wird seitens der Regierung die Vernichtung eines Transport- und Logistikmarktes betrieben, ohne dass über die betriebs- und volkswirtschaſtlichen Folgen für das betroffene Gewerbe und über die Situation der Beschäſtigten in diesem Segment nachgedacht wird. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, dass sie diesem Umstand ausreichend Rechnung trägt und finanzielle Kompensationsleistungen für die Binnenschifffahrt gewährt”.
Umsatzverluste in Millionenhöhe Laut BDB kommt für die Binnenschifffahrt und ihre Partner im System Wasserstraße das Ende der Kohleverstromung viel zu kurzfristig. In den Reduktionszeiträumen von 2022 bis 2038 wird es nur sehr schwer möglich sein, neue Märkte zu erschließen und alternative Transportgüter zu akquirieren – insbesondere in einer Größenordnung die geeignet wäre, die Menge an wegbrechenden Kohleverkehren zu kompensieren. Nach konservativen Schätzungen wird allein der drohende Umsatzverlust im deutlich dreistelligen Millionenbereich pro Jahr liegen. Betriebswirtschaſtliche Folgekosten sind dabei noch nicht berücksichtigt.
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Die Kohle stellt neben Baustoffen und Mineralölprodukten eines der wichtigsten Transportgüter für die Binnenschifffahrt in Deutschland dar.
Foto BDB
Enttäuschendes Jahr für bremenports: Umschlag minus vier Prozent
DÜSSELDORF Die Hafengesellschaſt bremenports meldet für 2019 einen Umschlagsrückgang von 4,3 Prozent. In den Häfen in Bremen-Stadt wuchs zwar das Umschlagsvolumen, was aber den großen Rückgang an Containermengen in Bremerhaven nicht ausgleichen konnte.
JUDITH STALPERS
Die Hafengesellschaſt bremenports ist für die Häfen in Bremen und Bremerhaven zuständig. Insgesamt schrumpſte das Umschlagsvolumen 2019 mit 4,3 Prozent auf 71,2 Millionen Tonnen. Die beiden Standorte entwickelten sich jedoch gegensätzlich. In Bremerhaven verursachte die Verlegung von vier Nordatlantikdiensten der Reederei Hapag-Lloyd nach Hamburg 2019 einen starken Rückgang der Containerabfertigungen. Die allgemeine Abkühlung des Welthandels verstärkte den Rückgang, sodass an den Containerterminals insgesamt neun Prozent an Umschlagsvolumen verloren gingen. 2019 blieb der Zähler bei 4,9 Millionen TEU stehen. Auch die RoRo- Aktivitäten für die Automobilindustrie gingen mit 3,3 Prozent auf 2,1 Millionen Fahrzeuge zurück. Demgegenüber wuchs der Massengutumschlag jedoch mit 14,2 Prozent kräſtig an. Dennoch verbuchte Bremerhaven beim Gesamtfrachtvolumen insgesamt ein Minus von 6,5 Prozent auf 58 Millionen Tonnen. Die Hafenbecken in Bremen-Stadt, die mehr im Landesinneren entlang der
Weser gelegen sind, sahen das Frachtvolum mit kräſtigen 7,2 Prozent auf 13,2 Millionen Tonnen zunehmen.
Das Kreuzfahrtgeschäſt verlief 2019 für die beiden Häfen sehr erfreulich. Die Zahl der Schiffe wuchs um 5,5 Prozent auf 115, sechs Schiffe mehr als noch im erfolgreichen Jahr 2018. Die Zahl der Reisenden nahm um 3,7 Prozent zu und stieg auf 246.995 Personen.
Hoffnung Außenweservertiefung Auf Grund der enttäuschenden Gesamtergebnissen unterstricht Hafendirektor Robert Hove zum wiederholten Mal die Dringlichkeit der Weservertiefung für seine Häfen. Seit 2000 strebt die Hansestadt Bremen zusammen mit dem Land Niedersachsen weitere Maßnahmen an, damit größere Schiffe den Containerterminal in Bremerhaven und die Häfen in Bremen- Stadt und im niedersächsischen Brake tideunabhängig erreichen können. Für Bremerhaven müsste die Außenweser für Containerschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 13,5m angepasst werden. Für Brake und Bremen werden tideunabhängige Zufahrten für Schiffe mit einer Tiefgang von bis zu 12,8m bzw. 11,1m auf der Oberweser nachgestrebt. Planfeststellungsverfahren hierzu, die Niedersachsen und Bremen gemeinsam mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vorbereitet und zur Begutachtung beantragt hatten, sind abgelehnt worden. Politisch liegt das Thema ebenfalls still, weil die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag
explizit festgelegt hat, einen Ausbau – jedenfalls an der Oberweser – nicht weiter zu verfolgen.
Aussichten gemäßigt positiv Wenn die Außenweser nicht vertieſt wird, befürchtet man für Bremerhaven große Wettbewerbsnachteile gegenüber seinen Mitbewerbern in der Nordrange. Der Containerterminal Bremerhaven wird dann weiterhin tideunabhängig für Schiffe mit einem Tiefgang bis 12,5m (Post-Panmax) bzw. 12,8m (Panmax) erreichbar sein. Die noch größeren Containerschiffe (Tiefgang
Elbtransport 2019 eingebrochen Lange Niedrigwasserphase, das defekte Wehr bei Geesthacht und Personalmangel ließen die Anzahl der Binnenschiffe auf der Elbe stark zurückgehen. Die Schleuse Geesthacht passierten letztes Jahr insge- samt 12.774 Binnenschiffe. 2018 wurden noch 14.182 Einheiten gezählt. Ensprechend verringerte sich auch das Güteraufkommen von 8,55 Mio. t im Jahr 2018 auf 7,45 Mio. t im abgelaufenen Jahr. Vor allem verringer- ten sich die Kohletransporte. Nur noch 1,61 Mio. t wurden hier befördert (2018: 2,24 Mio. t). Die Containerverkehre zeigten demge- genüber eine positive Tendenz. 138.725 TEU wurden hier bewegt, über 10.000 TEU mehr als 2018 (128.582 TEU).
Eine lang anhaltende Niedrigwasserphase auf der Mitten- und Oberelbe machten
13,5m) können den Bremerhavener Terminal nur teilabgeladen erreichen. “Bremerhaven wird ohne Außenweseranpassung erheblich an Umschlag, Beschäſtigung und Bedeutung verlieren. Dies vermutlich nicht erst langfristig, sondern bereits innerhalb eines Jahrzehnts,” sagt der Pressesprecher der Bremer Senatorin für Wissenschaſt und Häfen, Sebastian Rösener. Deswegen gibt es für bremenports keine vernünſtige Alternative. Sein Schlußwort klingt verhalten positiv: “Dass die Anpassung gelingen kann, zeigen die Vertiefungen bei allen relevanten Wettbewerbshäfen”.
Transporte wochenlang unmöglich. Auch war die Schifffahrt fast zwei Woche beim Stauwehr Geesthacht blockiert, weil ein Damm abgerutscht war. Weiter sorgte Personalmangel für erzwungene Ruhetage an der Schleuse Geesthacht.
Andere Strecken im Elbgebiet wieen 2019 für die Binnenschifffahrt ebenfalls negative Entwicklungen auf. An der Schleuse Uelzen ging die Zahl der erfassten Frachtschiffe um rund 8 % auf etwa 12.000 Einheiten zurück. An der Schleuse Lauenburg, der Ein- und Ausfahrt des Elbe-Lübeck-Kanals, wurden etwa 505.000 Ladungstonnen registriert. Im Vergleich zu 2018 waren dies etwa 80.000 t und 140 Schiffe weniger. Innerhalb von zwö- lf Jahren hat sich das Güteraufkommen auf dem Verbindungskanal zwischen Ostsee und Elbe beinahe halbiert.
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